Berlin, 30. Januar 2014
Internationale Expertenkonferenz mit Beteiligung hochrangiger SOCAR-Manager diskutiert über das geopolitische Umfeld des Südlichen Gaskorridors

Das Vorhaben des Südlichen Gaskorridors, mit dem kaspisches Erdgas nach Europa transportiert werden soll, nimmt Gestalt an. 2013 hat das Betreiberkonsortium eine Investitionsentscheidung getroffen. Doch in welchem geopolitischen Kontext steht das Projekt? Was erhofft sich Aserbaidschan als Erdgaslieferant von seinen europäischen Abnehmern? Und welche Rolle spielt die EU beim Ausbau des Korridors? Mit diesen und weiteren Fragen befasste sich eine internationale Expertenkonferenz in der DGAP (Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.).

Aserbaidschan als Startpunkt europäischer Diversifizierungsbemühungen
Im vergangenen Jahr kam Bewegung in ein Thema, das in Europa und der kaspischen Region heiß diskutiert wird: der Südliche Gaskorridor. Die Europäische Union bemüht sich seit Jahren um eine Diversifizierung ihrer Erdgasimporte. Neben Nordafrika, Norwegen und Russland will man Erdgas künftig auch aus der kaspischen Region beziehen. Angesichts der enormen Reserven dieser Region, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft Europas befindet, überrascht dies kaum.

Bei diesen Bemühungen nimmt Aserbaidschan eine Schlüsselrolle ein. Es ist das erste Land der kaspischen Region, das ab 2019 Erdgas nach Europa liefern wird. Deutlich wurden aber auch die geostrategischen Herausforderungen in dieser Region. Neben der Europäischen Union verfolgen dort Russland und die Türkei ihre Interessen. Ungelöst ist nach wie vor der Konflikt um Bergkarabach. Im Zusammenhang mit den Erdgasfeldern im östlichen Mittelmeer ist auch der arabisch-israelische Konflikt von Bedeutung. Ebenso ist der Streit um das iranische Nuklearprogramm – trotz der jüngsten Fortschritte in Genf – noch nicht beigelegt. Ungewiss bleibt somit, ob langfristig auch iranisches Gas in die Pipeline eingespeist werden könnte.

Aserbaidschanisches Interesse an Europa
Deutlich wurden die Perspektiven Aserbaidschans als Liefer- und der Türkei als Transitland. Beide Länder haben ein starkes Interesse an der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Eine lebhafte Diskussion entzündete sich an der Frage, welche Rolle die Europäische Union dabei in der Vergangenheit gespielt hat. Während einerseits die positive Zusammenarbeit mit Brüssel betont wurde, gab es andererseits auch Stimmen, die sich ein stärkeres Engagement gewünscht hätten. Keine Zweifel bestanden im Blick auf die Zukunft der aserbaidschanisch-europäischen Beziehungen. Bakus Wunsch nach mehr Kooperation im Energiebereich und darüber hinaus wurde von allen Experten betont.

Europas Perspektive: „Strategien allein bauen keine Pipelines“
Seitens der Bundesregierung und Europäischen Kommission wurde der aserbaidschanische Wunsch nach verstärkter Kooperation positiv erwidert. Dabei wurde die Rolle Aserbaidschans zum Auf- und Ausbau des Südlichen Gaskorridors unterstrichen. Die Vertreter der Politik zeigten sich optimistisch, dass das Erdgasgeschäft mit Aserbaidschan der Beginn einer Erfolgsgeschichte für den Südlichen Korridor sei. Über den Energiehandel hinaus erhoffe man sich zudem positive Auswirkungen auf die Beruhigung einstiger Konfliktregionen entlang des Korridors.

Experten hingegen machten auf die unsichere Nachfragesituation seitens der europäischen Erdgasmärkte aufmerksam. Gleichzeitig wurde mit Blick auf den Ausbau des Korridors betont, dass für den Erfolg des Vorhabens politische und ökonomische Rahmenbedingungen im Einklang stehen müssten: Strategien alleine würden keine Pipelines bauen. Nur wenn neben den politischen Rahmenbedingungen auch eine ökonomische Perspektive bestünde, seien Energieunternehmen bereit, Pipelines zu finanzieren. Entsprechend sei für den Erfolg des Südlichen Gaskorridors ein umfassender Ansatz erforderlich, der alle diese Fragen einbeziehe.

Die Konferenz wurde ausgerichtet von der DGAP mit freundlicher Unterstützung der BP Europa SE.

Quelle: dgap.org/de/node/24911