Am 26.02.2015 wurde in der Räumlichkeiten der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft des Jahrestages der Tragödie von Chodschali gedacht. Die hochrangige Veranstaltung wurde vom Deutsch-Aserbaidschanischen Forum, der Botschaft der Republik Aserbaidschan, SOCAR Germany und der Deutschen Atlantischen Gesellschaft organisiert.

„Der 26. Februar ist für uns Aserbaidschaner ein schrecklicher Tag“. Parviz Shahbazov begrüßte in Berlin rund 180 Gäste zum 3. Symposium „Stabilität und Sicherheit im Südkaukasus – Perspektiven Deutsch-Aserbaidschanischer Zusammenarbeit“. Wenngleich Wirtschaftsfragen im Vordergrund standen, erläuterte Aserbaidschans Botschafter in der Parlamentarischen Gesellschaft den ernsten Hintergrund des Jahrestages: In der Nacht vom 25. zum 26. Februar 1992 griffen armenische Streitkräfte im Krieg gegen Aserbaidschan die Stadt Chodschali in der umkämpften aserbaidschanischen Region Bergkarabach an. „In dieser Nacht des Völkermords ermordeten die armenischen Streitkräfte erbarmungslos 613 Menschen, darunter 63 Kinder, 106 Frauen und 70 alte Menschen. 150 Aserbaidschaner  sind bis heute spurlos verschwunden“, so Shahbazov. „Das Massaker der Armenier sollte Angst und Schrecken hervorrufen, und das ist gelungen – eine Million Aserbaidschaner flüchteten“. Trotz der klaren Aufforderung in vier UN-Resolutionen, die besetzten Gebiete in und um Bergkarabach zu räumen, halten armenische Truppen bis heute Bergkarabach und sieben umliegende Bezirke besetzt. Seit 1994 herrsche Waffenstillstand, ein Friedensabkommen sei in weiter Ferne. „Aserbaidschan ist mit seinem wirtschaftlichen Aufschwung ein Stabilitätsfaktor“, so der Botschafter.

Bundestags-Vizepräsident Johannes Singhammer betonte die gemeinsamen Interessen Deutschlands und Aserbaidschans in Fragen der Energieversorgung und der Stabilität in Europa und im Kaukasus. Er verwies auf die Resolution des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 2009 und sieht Aserbaidschan als einen verlässlichen Partner des Westens. Das Land sei ein Beispiel für multiethnische und multireligiöse Toleranz. In Wirtschaftsfragen arbeite man ohnehin eng zusammen: „Die Bundesregierung unterstützt den Südlichen Gaskorridor ausdrücklich. Wir freuen uns, dass sich Aserbaidschan nach Europa orientiert“, so der Bundestags-Vizepräsident.

Deutliche Worte fand MdB Karin Strenz, ihres Zeichens Vorsitzende der Deutsch-Südkaukasischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages. Sie habe bereits mehrfach zwischen Aserbaidschan und Armenien zu vermitteln versucht. „Vertretern der armenischen Botschaft habe ich gesagt, dass das Problem sofort gelöst ist, wenn Armenien die besetzten aserbaidschanischen Gebiete räumt“, so Strenz.  Daraufhin habe die armenische Seite das Gespräch ergebnislos beendet. „Ich bin in der DDR aufgewachsen, mir sagt man nicht nochmal, was ich zu denken habe – die Stunde der Diplomatie schlägt weiterhin“.

Der aserbaidschanische Parlamentarier Siyavush Novruzov brachte es auf den Punkt: „Hätte die internationale Gemeinschaft seit 1994 auf den Aggressor Armenien soviel Druck ausgeübt wie heute auf Russland, wäre der Bergkarabach-Konflikt längst gelöst“.

Die Lösung des Bergkarabach-Konflikts habe auch Auswirkungen auf Energiesicherheit und Energiepreise in Europa. Elshad Nassirov, Vizepräsident des staatlichen aserbaidschanischen Energiekonzerns SOCAR, verwies auf die Bedeutung Aserbaidschans als verlässlicher Energielieferant für Europa. Rund 4 Millionen Tonnen Erdöl liefert Aserbaidschan an Deutschland, ab 2020 fließen 10 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach West-Europa – durch den Südlichen Gaskorridor, in den Aserbaidschan mit seinen Partnern 45 Milliarden US-Dollar investiert. „Durch alternative Energielieferanten wie Aserbaidschan sinken die Preise für Erdgas in Europa“, zeigte sich Energie-Manager Nassirov überzeugt.

Prof. Dr. Rainer Lindner, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, verwies auf die starke wirtschaftliche Position Aserbaidschans, die es dem Land ermöglicht habe, „Russlands Angebot einer Mitgliedschaft in der Eurasischen Union mit Gelassenheit auszuschlagen“. Lindner ging darüber hinaus auf die Bedeutung des südlichen Korridors für die Energieversorgung Europas ein.

Staatssekretär a.D. Otto Hauser stellte die Frage in den Raum, ob nicht die Rückkehr eines Teils der eine Million aserbaidschanischen Flüchtlinge in ihre Heimat Bergkarabach ein erster Schritt zu einer Lösung sein könne. „Jeder hat ein Recht auf Heimat“, meinte dazu MdB Doris Barnett, Vizepräsidentin der Parlamentarischen Versammlung der OSZE. Es müssen mit Armenien Wege gefunden werden, wie die aserbaidschanischen Binnenflüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren können“, so Barnett.